Ist der Fankauf rechtlich doch zulässig? (Neue Ansichten und Umfrage)

Fankauf bei Mysocialclix.de
Vor knapp einem Jahr habe ich mich mit dem Kauf von Fans und Followern in sozialen Netzwerken beschäftigt. Damals habe ich darin eine wettbewerbsrechtliche Irreführung der Nutzer durch Täuschung über die Fanzahlen gesehen. In der Zwischenzeit habe ich viele Gespräche zu diesem Thema geführt und Argumente gehört, die meine Einstellung  verändert haben. Fast.

Wie funktioniert der Fankauf?

Beim Fankauf erwirbt man ein Klickkontingent. Das Ganze läuft z.B. bei Facebook-Fanseiten wie folgt ab:

  1. Bei dem Anbieter registrieren sich Nutzer, die Geld verdienen wollen.
  2. Sie „bestellen“ bei dem Anbieter 1.000 Fans und bezahlen X Euro.
  3. Der Anbieter zeigt seinen Nutzern auf dessen Plattform ihre Fanseite solange, bis 1.000 davon den „Gefällt mir“-Button geklickt haben.
  4. Für die Klicks erhalten die Nutzer ein paar Cent und der Anbieter eine Provision.

Zusammenfassung bisheriger Beiträge zum Fankauf

Ich habe in dem Beitrag Jubel aus der Portokasse: Ist der Kauf von Facebook-Fans erlaubt? den Fankauf als eine wettbewerbsrechtliche Irreführung eingestuft. Der Knackpunkt war die Wirkung der Fanzahlen auf die Nutzer. Ich war der Ansicht, dass die Nutzerzahlen eine

  • besondere Fähigkeit mit Kunden umzugehen, weitreichende Vernetzung sowie große Bekanntheit vortäuschen und dies
  • die Nutzer in ihren wirtschaftlichen Entscheidungen beeinflusst.

Daher habe ich den Fankauf mit falschen Angaben zur Anzahl der Kunden eines Unternehmens verglichen. Wer zum Beispiel 1.000 Kunden hat, aber mit 5.000 Kunden wirbt, der begeht einen Wettbewerbsverstoß.

Gegenargumente – Vergleich mit Werbeflächen und Gewinnspielen

Die Beiträge stießen auf große Resonanz, aber auch Kritik. Die Anbieter äußerten die Meinung, dass sie nichts anderes anbieten als eine Art Werbefläche. Auf der präsentieren Unternehmen ihre Fanseiten und belohnen die Nutzer mit einem kleinen Centbetrag für den Klick.

Aber nicht nur die Anbieter, sondern viele Fanseitenbetreiber sehen es so. Wenn ich in den „Social Media & Recht“-Workshops nachfrage, liegen die Meinungen der Teilnehmer bei 50/50. Ein meines Erachtens sehr gutes Argument ist der Vergleich mit Gewinnspielen. Auch da klicken die Nutzer oft nur auf „Gefällt mir“, um am Gewinnspiel teil zu nehmen. Das heißt:

  • Gewinnspiel: Fan gegen Leistung (= Gewinnchance) – Erlaubt
  • Fankauf: Fan gegen Leistung (= Centbetrag) – Auch erlaubt?

Ich finde diese Argumentation überzeugend. Zumindest so sehr, dass ich an meiner ursprünglichen Ansicht zweifle. Und weil es letztendlich auf die Sicht der Nutzer ankommt, möchte ich Sie zu Ihrer Meinung fragen (Update: Umfrage beendet 15.12.2015):

Finden Sie dass „gekaufte“ Fans Nutzer ähnlich wie Falschangaben zur Anzahl von Kunden täuschen? Oder sind sie eher mit Fans zu vergleichen, die durch Gewinnspiele generiert worden sind?

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Hinweise

  • Es geht mir hier um die rechtlichen Aspekte. Ob gekaufte Fans oder Follower marketingtechnisch Sinn machen, ist eine andere Frage.
  • *Der Anbieter mysocialclix.de, dessen Bild ich oben verwendet habe, gehört zu unseren Mandanten. Die obigen Ansichten, hatte ich jedoch schon vor der Mandatierung. Sie wurden nicht durch das Mandat beeinflusst.

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Ist der Fankauf rechtlich doch zulässig? (Neue Ansichten und Umfrage)

18 Gedanken zu „Ist der Fankauf rechtlich doch zulässig? (Neue Ansichten und Umfrage)

  1. „Daher habe ich den Fankauf mit falschen Angaben zur Anzahl der Kunden eines Unternehmens verglichen.“

    Mir geht diese These immer noch zu weit. Ohne jegliche weitere Aussage („So viele Fans fanden unsere Artikel gut und haben deswegen geklickt“) erschöpft sich die nackte Fan-Anzahl alleine in der Aussage, das entsprechend viele Menschen auf ein „Gefällt mir geklickt“ haben. Ohne Wertung, *warum* sie das getan haben. Da bekannt ist, dass durchaus auch Fans über Gewinnspiele gelockt werden, erwartet der durchschnittliche Betrachter der Fan-Anzahl sicherlich auch nicht, dass dies für ein besonderes Vertrauen steht. Vielmehr wird er von einem entsprechenden Marketing ausgehen, wozu auch der Fan-Einkauf m.E. gehört (wenn diese Maßnahme auch eher schlechtes Marketing sein dürfte). Daher: M.E. weiterhin keine Wettbewerbswidrigkeit mangels Täuschung,

  2. Bei einem Gewinnspiel kann man davon ausgehen, dass derjenige zunächst in irgendeiner Form Interesse an dem Unternehmen und dessen Produkten hatte, dann auf das Gewinnspiel aufmerksam wurde und dann Fan wurde, um eine Gewinnchance zu erhalten. Insofern sagt das „Fan sein“ zwar nichts darüber aus, ob derjenige das Produkt tatsächlich mag, aber es sagt schon etwas über den Bekanntheitsgrad aus. Beim Fankauf ist das aber nicht der Fall, da der „Anreiz“ zum Fan werden denjenigen überhaupt erst auf das Unternehmen aufmerksam macht und insofern ist es meiner Meinung nach eine Täuschung.

      1. Hmm, da muß ich Ihnen natürlich recht geben. Gutes Argument. Ich bin kein Jurist, aber als Internet Nutzer und Konsument kann ich nur sagen, dass ich gekaufte „Fans“ definitiv als Irreführung empfinde, aber das sagt natürlich nichts über die rechtliche Situation aus. 😉

  3. Hallo Thomas,

    für mich liegt in der Werbung mit gekauften Fans sehr eindeutig eine Irreführung i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 3 UWG.

    Die Anzahl der Fans ist ein Empfehlungs-Marketing, ähnlich der Anzeige einer Note, die durch ein Bewertungssystem ermittelt wird. Die Kommentarliteratur vergleicht die Empfehlung des eigenen Unternehmens durch Dritte mit „Auszeichnungen und Ehrungen“ bzw. der Testwerbung.

    Die Anzeige der (auch) gekauften Fans ist damit nur dann zulässig und nicht irreführend, wenn direkt darauf hingewiesen wird, dass einige dieser Fans gekauft wurden.

    Das ist vergleichbar mit der Entscheidung des OLG Hamm (Urteil v. 23.11.2010, I-4 U 136/10) zur Bewertung, die nur darüber erreicht wurden, dass für die Abgabe einer Bewertung ein Gutschein versprochen wurde, die Bewertung somit also auch gekauft wurde: http://www.shopbetreiber-blog.de/2011/09/19/darf-man-seinen-kunden-gutscheine-fur-positive-bewertungen-anbieten/

    Die Werbung damit, dass X Leute auf den Gefällt-Mir-Button geklickt haben, ist m.E. Aussage genug. Denn die Bezeichnung des Buttons mit den Worten „Gefällt mir“ sagt, dass die Leute da drauf geklickt haben, weil ihnen etwas gefällt. Und nicht, weil sie dafür bezahlt wurden.

    Der Vergleich mit dem Gewinnspiel hinkt m.E. etwas. Denn dort werden die Leute nicht eingekauft. Und es dürfte den meisten Personen ja tatsächlich gefallen, wenn man ein attraktives Gewinnspiel veranstaltet.

    Insofern: Zumindest bei mir kein Sinneswandel. Und wenn das OLG Hamm sich mal damit zu beschäftigen hat, bin ich mir ziemlich sicher, dass die sagen werden, dass die Werbung mit gekauften Fans unzulässig ist.

    Beste Grüße
    Martin

  4. Aus meiner Sicht ist es viel wichtiger, was auf der Seite los ist. So nützt es recht wenig, wenn eine Seite tausende von Fans hat, aber auf der Seite keine Aktivitäten seitens der Fans sind. Es gibt viele Beispiele in der Hotellerie, die praktisch über Nacht tausende von neuen Fans haben, aber diese nicht interagieren.
    Eine Seite, auf der nichts los ist, bringt auch nichts!
    Gekaufte Fans bringen kein Geschäft!

  5. Wir haben hierzu schon mehrfach Stellung genommen.

    http://de.fanslave.com/rechtliche-informationen.html

    Nehmen wir einen Unternehmer:

    1) Er bucht Fernsehwerbung für seine Facebook Seite und bezahlt einen Beitrag X. Dies generiert ihm Fans. Er bezahlt pro Werbeminute.

    2) Er bucht Facebook oder Google AdWords Werbung für seine Facebook Seite und legt ein Limit fest. Dies generiert ihm auch Fans. Er bezahlt pro Klick auf seine Werbung. Google wiederum bezahlt Seitenbetreiber, welche diese Werbung einblenden.

    3) Er startet ein Gewinnspiel und investiert in die Preise. Legt somit auch sein Limit fest. Teilnehmen dürfen Personen, welche seine Seite liken. Dies generiert ihm Fans. Er bezahlt einmalig für die Preise und die Abwicklung des Gewinnspiels.

    4) Er bucht Werbung bei z.B. fanSlave und legt sein Limit fest. Auch dies generiert ihm Fans. Er bezahlt pro Person, welche seine Seite mag.

    Der Unterschied erschließt sich uns nicht.

    In keinem Fall wird ein User gezwungen eine Seite zu liken.
    Es liegt wohl mehr als fern, daß sich ein User für 2 cent dazu entscheiden wird, eine Seite zu liken und dann täglich hiervon Werbung zu sehen ohne sich für die Seite zu interessieren.

    Dies Vermutung liegt offensichtlich bei einem Gewinnspiel mit horenten Preisen erheblich näher und dieser Weg ist offiziell erlaubt!

    Grüße,

    fanSlave Team

  6. Ein wirklich interessanter Artikel. Über die rechtliche Sicht hatten wir uns auch schon Gedanken gemacht. Wir planen gerade, auf Facebook Aktionen die zur Gewinnung von Fans dienen zu starten. Auf Blogger-Basis haben wir mit einem Gewinnspiel schon recht gute Erfahrungen gemacht, deshalb wollten wir es diesmal wieder mit einem Gewinnspiel machen. Bringt uns natürlich auch mehr, da wir die Zielgruppe viel besser ansprechen können, denn wer das Produkt nicht gebrauchen kann, macht auch nicht beim Gewinnspiel mit. Ein Fankauf wäre nur ein zusätzliches Instrument, aber aus wirtschaftlicher Sicht m.m. Nach nicht sinnvoll.

  7. Viel interessanter als Das Umfrageergebnis ist doch die Tatsache das Facebook Seiten mit gekauften Likes einschränkt und mit Sperrung der Seite droht. Ich kann daher nur jedem Abraten dies zu tun, zumindest wenn sich ein Ungewöhnliches Nutzerverhalten (zb Nutzer aus aller Welt bei einem Lokalen Produkt).feststellen lässt.

    Absurd wird jetzt wenn man einfach Likes aus aller Welt für eine andere Seite (zb ein lokales Angebot/Produkt) kauft und somit die Seite des anderen einschränkt oder gar sperren lässt. Wenn es um gekaufte Klicks geht reagiert Facebook nämlich überraschend schnell mit Einschränkungen und Sperrungsandrohungen (Quelle eigene Erfahrungen).

  8. Hallo,
    ich muss auch nochmal etwas zu diesem Thema loswerden:
    Der Fankauf kann unter keinen Umständen illegal sein (abgesehen von Verstoss gegen FB-Richtlinie.) !
    Ich erläutere einige Gründe:
    1. Ein „Gefällt mir“ ist nicht Audruck einer Meinung. Es handelt sich demnach nicht um gekaufte Meinungen. Es ist lediglich ein technischer Schalter.
    2. Image-Schwindel: Jeder Werbespot schwindelt uns etwas vor. Man versucht uns, durch jede Gestaltung eines Werbespots, Flyers, Plakat usw. ein beschönigenderes Image zu verkaufen. Ebenso tut dies eine hohe Zahl an Likes. Daran ist absolut nichts auszusetzen.
    3. Man könnte das Geld, dass man für Likes ausgibt, ebenso in Werbung investieren. Dann hätte man den gleichen (oder ähnlichen) Effekt. Es entsteht demnach kein wettbewerblicher Vorteil.
    4. Durch die Likes erhöht man seine Reichweite. Jede Mitteilung erreicht die Fans. Man hat quasi die Lizenz gekauft, dass andere sich die Werbung in ihren Feeds ansehen. Es muss sich also nicht unbedingt um eine hohe Zahl an Likes handeln, was das Ziel der Fankäufe ist, sondern lediglich die Werbereichweite.
    5. Gekaufte Likes können Ausdruck des Wohlstandes eines Unternehmens sein. Ein großes Unternehmen kann sich mehr Likes kaufen, als ein Kleines.

    Punkt 5 war zugegebenermaßen etwas übertrieben…..
    aber ich denke es gibt so gut zu verstehen was ich meine.
    Bitte lassen Sie sich nicht von Begriff „Like“ oder „gefällt mir“ irritieren. Diese Bezeichnungen sind im Internet Schall und Rauch !

    Grüße

  9. Grundsätzlich wird es immer schwarze Schafe und Hintertüren geben – ein so komplexes System wie Facebook kann niemals ganz „abgedichtet“ werden, und der Bedarf ist enorm.

    Mittlerweile scheint aber das Linktauschen weit mehr im Trend zu liegen als das Einkaufen. Die amerikanische Tauschbörse Addmefast.com behauptet, schon einige 100 Millionen (!) Likes getauscht zu haben – und nach der Zahl der deutschsprachigen User zu urteilen, ist ein großer Teil des Social Media Traffics reiner „Fake“.

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