SPAM – Wenn der Geschäftsführer persönlich haftet

Die unerlaubte Werbung per E-Mail ist ein dauerhafter Gegenstand von Abmahnungen. Dabei ist der Grundsatz eindeutig: Der Empfänger der Werbung muss mit der Zusendung einverstanden sein. Dies ergibt sich aus § 7 Absatz 1, der nach Absatz 2 Nr. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) auch für „elektronische Post“ gilt. Hält ein Unternehmen dies nicht ein oder kann eine Einwilligung nicht nachweisen, dann droht oft eine Abmahnung. Meistens richtet sich diese gegen das Unternehmen, das die Werbung verschickt hat.

Nun hat aber das OLG Düsseldorf (Az. I-20 U 137/09) entschieden, dass es in besonderen Konstellationen auch eine persönliche Haftung des Geschäftsführers und gesetzlichen Vertreters einer Gesellschaft für unzulässige E-Mail-Werbung gibt. Das bedeutet, neben dem Unternehmen kann auch der Geschäftsführer persönlich für die unerlaubte Werbung haftbar gemacht werden.

Die Entscheidung des Gerichts ist aus zwei Gründen interessant: Zum einen weil Sie die Handlungspflichten des Geschäftsführers bei E-Mail-Werbung konkretisiert und zum anderen, weil das Urteil zugleich auf die Problematik der Einwilligung zur Werbung bei gekauften Adressen eingeht.

Der Fall: Ein Unternehmen kauft E-Mail-Adressen

Hintergrund der Entscheidung war der Kauf von E-Mail-Adressen durch ein Unternehmen mit dem Zweck, diese Adressen für Werbezwecke zu nutzen. Der Verkäufer der Adressen sicherte zu, dass die Adressaten dem Empfang von E-Mails zugestimmt hätten. Daraufhin verschickte das Unternehmen 360.000  Werbemails unter Verwendung der gekauften Adressen, worauf hin ein Adressat das Unternehmen und zugleich den Geschäftsführer des Unternehmens wegen unerlaubter Werbung abgemahnt hat.

Eine Einwilligung des Abmahners zum Erhalt von Werbung konnte das Unternehmen nicht nachweisen.

Das Urteil: Auch der Geschäftsführer haftet

Für diesen Rechtsverstoß, so die Richter, haftet neben dem Unternehmen auch der Geschäftsführer auf Unterlassung. Dies hat das Gericht damit begründet, dass der Geschäftsführer als gesetzlicher Vertreter des Unternehmens nicht nachweisen konnte, dass er die Behauptungen des Adresshändlers hinsichtlich der vorliegenden Einwilligung überprüft hat. Das Gericht hat zu diesem Punkt folgendes ausgeführt:

So ist nicht ersichtlich, dass der [Geschäftsführer] bei Übernahme des Adressenbestands oder spätestens bei Veranlassung der Werbeaktion irgendwelche Maßnahmen getroffen hätte, um sicherzustellen, dass nur diejenigen Personen angeschrieben wurden, die eine ausdrückliche Einwilligungserklärung abgegeben hatten. Der Senat versteht den Vortrag [des Unternehmens] dahin, dass erst als Reaktion auf die Beanstandung, die Anlass für das vorliegende Verfahren gab, eine Überprüfung der Kundendatei auf abgegebene Einwilligungserklärungen erfolgte.

Da der Geschäftsführer auch zugegeben hat, von der Werbemaßnahme Kenntnis gehabt zu haben, hat er mit diesem Verhalten jedenfalls eine wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht verletzt.Das Gericht hat dem Geschäftsführer vor allem zu erkennen gegeben, dass irgendwelche Maßnahmen zur Überprüfung der Einwilligungen, sei es auch nur stichprobenartig, sind nicht ansatzweise erkennbar waren.

Fazit

Bei einem Erwerb von Adressdaten besteht auch für den Geschäftsführer persönlich die Pflicht, Einwilligung in eine E-Mail-Werbung zumindest stichprobenartig zu überprüfen. Anderenfalls drohen auch ihm Abmahnungen.

Folgende Punkte sind daher zu beachten:

  • Die bloße Zusicherung des Adresshändlers hinsichtlich des Vorliegens von wirksamen Einwilligungen reicht nicht aus.
  • Die Dokumentation der Einwilligung muss glaubhaft sein, d.h. die gespeicherten Daten müssen hinsichtlich der Einwilligung überprüfbar sein.
  • Bei Zweifeln an der vorhandenen ausdrücklichen Einwilligung sollten von der Verwendung der Adressen Abstand genommen werden.

 

Weitere Informationen

9 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Es dürfte schwierig sein, bei 360.000 Mailadressen zu überprüfen, ob sie unter Anwendung des double-opt-in-Verfahrens gesammelt wurden. Selbst wenn der Adressenhändler einen Nachweis dazu erbringt -wobei ich mich frage, in welcher Form das geschehen könnte, außer als Sammlung einer Kopie der Bestätigungsmails- dürfte das ohne immensen Aufwand nicht überprüfbar sein.
    Wenn ich das also richtig überblicke, ist somit das Versenden von Werbenachrichten an Personen, deren E-Mail-Adressen von einem Adressenhändler kommen, immer gefährlich.

  2. Das Gericht hat hier vor allem kritisiert, dass hier gar keine Prüfung statt gefunden hat und man sich nur auf die Aussagen des Adresshändlers verlassen hat.
    In der Entscheidung seht aber auch drin, dass den Richtern klar ist, dass eine Überprüfung aller Adressen nicht möglich ist.
    Gewisse Vorkehrungen, wie beispielsweise eine ausreichende Dokumentation der vorhandenen Einwilligung, sowie stichprobenartige Überprüfung dieser Unterlagen sollten daher als Mindeststandard schon vorgenommen werden.

  3. Hätte eine stichprobenartige Überprüfung denn hier geholfen? Ich gehe mal davon aus, man bei der großen Zahl an Adressen in einer Stichprobe nicht ausgerechnet die Adresse desjenigen überprüft worden wäre, der im Anschluss klagt. Was passiert denn, wenn ich eine so große Zahl an Adressen kaufe, Stichproben mache, die alle auf „Double Opt In-konforme Adressen“ hinweisen und mich einer der zwanzig im Datensatz enthaltenen „fehlgesammelten schwarzen Schafe“ verklagt? Nicht falsch verstehen, ich weiß dass das Erbsenzählerei ist, aber genau damit scheinen sich deutsche Gerichte sehr oft zu befassen: Mit Erbsenzählern einerseits und dem Zählen von Erbsen ihrerseits.

  4. Ob es geholfen hätte, kann ich nicht sagen. 🙂 Aber gar nichts zu machen, das hat das Gericht hier übel genommen.
    Je nach Menge der Adressen können Stichproben schon ausreichen, denke ich. Denn die Pflichten, von denen das Gericht hier gesprochen hat, müssen ja immer in einem gewissen Verhältnis stehen. Und die komplette Prüfung von 350.000 Adressen gehört sicher nicht dazu. 🙂
    Aber das Kernproblem bleibt natürlich: Adresskauf stellt immer ein Risiko dar.

  5. Pingback: Link-Tipps der letzten Woche | Leander Wattig

  6. Pingback: Landgericht Berlin: Geschäftsführer haften für rechtswidrige Werbe-Emails des Unternehmens | SCHWENKE & DRAMBURG Rechtsanwälte Berlin

  7. Pingback: » Yahoo! Mail wird dynamischer, Email Census UK und Prüfpflichten beim E-Mail-Adresskauf Campfire

  8. Pingback: » Yahoo! Mail wird dynamischer, Email Census UK und Prüfpflichten beim E-Mail-Adresskauf Campfire

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.


Das Verfassen eines Kommentars ist ohne Angabe personenbezogener Daten möglich. Mehr Informationen in der Datenschutzerklärung.